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Leistungen der betrieblichen Altersversorgung – Beiträge zur Krankenversicherung
Betriebsrentenfreibetragsgesetz ab 01.01.2020
Freibetrag statt Freigrenze
Das Ärgernis über die Beitragspflicht bei der Auszahlung von Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung ist seit Jahren vorhanden. Die Verwunderung, dass selbst bei ehemaligen pauschal besteuerten Verträgen, die gerne mit einer Nettoauszahlung beworben wurden, Abgaben entrichtet werden müssen, ist groß und für die Leistungsbezieher nicht verständlich.
Für Kleinrenten existierte für die Kranken- und Pflegeversicherung eine Freigrenze, d. h. im Jahr 2019 waren Leistungen bis zu 155,75 Euro monatlicher Altersrente sozialversicherungsfrei. Der Nachteil an einer Freigrenze ist, dass eine Überschreitung dieser Grenze unmittelbar zu einer Verbeitragung des gesamten Betrages führt. Diese Verbeitragung erfolgte immer mit dem vollen Beitragssatz.
Bei einem Krankenversicherungssatz in Höhe von 14,6 % zzgl. ggf. Zusatzbeitrag sowie einem Pflegeversicherungsbeitragssatz in Höhe von 3,05 % stellt sich die Auszahlung für einen Leistungsempfänger wie folgt dar*:
Monatliche Altersrente in Höhe von 155,00 Euro*
Beitrag KV 0,00 Euro, Beitrag PV 0,00 Euro Auszahlung 155,00 Euro.
Bei einer lediglich um einen Euro höheren Altersrente stellte sich die Situation wie folgt dar:
Monatliche Altersrente in Höhe von 156,00 Euro*
Beitrag KV 22,78 Euro, Beitrag PV 4,76 Euro Auszahlung 128,46 Euro.
*die steuerliche Betrachtung wurde nicht berücksichtigt.
Bei einem Altersrentner (nicht kinderlos) ist eine Auszahlung in dem oben skizzierten Fallbeispiel in Höhe 128,46 Euro monatlich erfolgt. Die um einen Euro höhere Altersrente und damit die Überschreitung der Freigrenze hat zu einer Reduktion der Auszahlung vor Steuern um 27,54 Euro monatlich bzw. 330,48 Euro pro Jahr geführt.
Mit der Einführung der Gesetzesänderung wurde nun die Freigrenze durch einen Freibetrag ersetzt. Dieser Freibetrag beträgt 1/20 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV und wird somit entsprechend angepasst.
Das Gesetz ist mit Wirkung zum 01.01.2020 in Kraft getreten, der Freibetrag für das Jahr 2020 beträgt 159,25 Euro monatlich.
Der Freibetrag gilt allerdings ausschließlich für die gesetzliche Krankenversicherung, bei der gesetzlichen Pflegeversicherung bleibt es bei der Freigrenze!
Nachfolgend sollen die Auswirkungen in Bezug auf die gesetzliche Krankenversicherung dargestellt werden:
Monatliche Altersrente i.H.v. 160,00 Euro abzgl. Freibetrag (159,25 Euro) ergibt eine Beitragsbemessung von 0,75 Euro und damit einen Beitrag KV von 0,11 Euro.
Der Freibetrag entlastet aber deutlich die Bezieher kleinerer Renten und hat selbst bei den höheren Altersrenten eine positive Auswirkung.
Noch deutlicher wird die Entlastung bei den Kapitalleistungen.
Bei einer Kapitalleistung werden die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung auf 120 Monate aufgeteilt, d.h. die Kapitalleistung wird durch 120 dividiert und der sich daraus ergebende Betrag ist bis zur Beitragsbemessungsgrenze die Bemessungsgrundlage für die Beiträge an die Kranken- und Pflegeversicherung. Der Freibetrag wird durch die Entwicklung der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV dynamisiert, sodass im Rahmen der Kapitalleistung durch die Aufteilung auf die 120 Monate die Leistungsbegünstigten auch von dieser Dynamisierung profitieren können.
Durch die Aufteilung der Kapitalleistung zur Bemessung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge werden aber auch diejenigen von der Einführung des Freibetrages für die Krankenversicherung profitieren, die ihre Kapitalleistung vor dem 01.01.2020 ausbezahlt bekommen haben und bei denen noch Beiträge für die zuvor ausgezahlte Leistung zu entrichten sind.
Die Vervielfältigungsregel der Direktversicherung (§3 Nr. 64 EstG) – ein oft vergessenes Instrument bei Dienstaustritten
Neu und doch altbekannt…
Hatten Sie in diesem Jahr schon den Fall? Seit dem 01.01.2018 wird die Vervielfältigungsregel nach § 3 Nr. 63 EStG durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz vereinfacht.
Die Vervielfältigungsregel im Detail
Pro angefangenes Kalenderjahr der Dienstzugehörigkeit (maximal 10 Jahre) dürfen bei Ausscheiden eines Mitarbeiters 4% der Beitragsbemessungsgrenze der Gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) steuerfrei in eine Direktversicherung nach § 3 Nr. 63 EStG fließen. Es zählt für alle Dienstjahre die BBG des Ausscheidejahrs. Hinweis: Durch die Gesetzesänderung ab 01.01.2018 werden keine Beiträge mehr zu bestehenden Direktversicherungsverträgen von dem vervielfältigten Betrag in Abzug gebracht.
Beispiel
Ein Mitarbeiter verlässt zum 31.05.2019 seinen Arbeitgeber. Diensteintritt war der 01.01.1996. Zum 01.01.2005 hatte er eine Direktversicherung mit einem Beitrag von 100 EUR monatlich abgeschlossen.
Betriebszugehörigkeit
(maximal 10 Jahre) |
2005 – 2019 | 10 Jahre |
Steuerfreier Vervielfältigungsbetrag | 10 Jh x 3.216 EUR
(4% der BBG in 2019) |
32.160 € |
Der Mitarbeiter kann 32.160 EUR steuerfrei in eine Direktversicherung nach § 3 Nr. 63 EStG zahlen.
Für wen ist die Vervielfältigungsregel interessant?
Arbeitnehmer, die bei Ausscheiden eine Abfindungszahlung erhalten und schon längere Zeit bei dem Arbeitgeber beschäftigt waren, können die normalerweise steuerpflichtige Abfindungszahlung in die steuerfreie Direktversicherung investieren.
Exkurs: Alte Zusagen nach § 40 b EStG
Arbeitnehmer, die noch eine alte pauschal versteuerte „40b-Direktversicherung“ haben, können die alte Vervielfältigungsregel nach § 40b EStG nutzen. Diese ist vor allem bei längeren Dienstzeiten interessant,
da es keine Begrenzung der anzurechnenden Betriebszugehörigkeit gibt. Der Vervielfältigungsbetrag beträgt dann 1.752 EUR pro angefangenes Kalenderjahr der Dienstzugehörigkeit. Von diesem Betrag sind die Beiträge abzuziehen, die in diesem Kalenderjahr und den vorangegangenen 6 Jahren in die 40b-Direktversicherung geflossen sind.
Beispiel
Ein Mitarbeiter verlässt zum 31.05.2019 seinen Arbeitgeber. Diensteintritt war der 01.01.1996. Zum 01.01.1998 hatte er eine Direktversicherung nach § 40b mit einem Beitrag von 1.200 EUR im Jahr abgeschlossen.
Betriebszugehörigkeit | 1996 – 2019 | 24 Jahre |
Maximale Beitragshöhe | 24 Jahre x 1.752 EUR | 42.048 € |
Abzgl. gezahlte Beiträge in 2019 und den sechs vorangegangenen Jahren | (7 * 1.200 EUR) | 8.400 € |
Steuerfreie Vervielfältigungsbetrag | 42.048 EUR – 8.400 EUR | 33.648 € |
Der Mitarbeiter kann 33.648 EUR mit 20% pauschal versteuert in eine Direktversicherung nach § 40b EStG zahlen.
Hinweis: Die Vervielfältigungsregel darf nur einmal angewendet werden, d.h. entweder nach § 3 Nr. 63 oder nach § 40b EStG.
Die betriebliche Krankenversicherung als Sachbezug für den Arbeitnehmer
Der Bundesfinanzhof hatte bereits im vergangenem Jahr entschieden, dass vom Arbeitgeber übernommene Beiträge für eine betriebliche Krankenversicherung (bKV) unter bestimmten Voraussetzungen als Sachbezug zu werten sind. Danach fallen sie – neben anderen Sachbezügen wie Tank- und Warengutscheine – unter die sog. monatliche 44 EUR-Grenze für Sachbezüge und sind bis zu diesem Betrag steuer- und ggf. auch sozialversicherungsfrei (bei Überschreiten wird der gesamte Betrag steuer- und ggf. sozialversicherungspflichtig). Leider haben die Finanzbehörden diese Rechtsprechung nicht anerkannt.
Das gehört nun der Vergangenheit an: Am 28.06.2019 erfolgte die Veröffentlichung des Urteils vom 07.06.2018 im Bundessteuerblatt. Damit wenden die Finanzbehörden das BFH-Urteil an und die Steuerpflichtigen können sich gegenüber der Finanzverwaltung auf die BFH-Entscheidung mit Aussicht auf Erfolg berufen.
Für uns alle erfreulich: Die bKV fällt damit aktuell unter den Sachbezug und die 44 EUR-Regelung.
Allerdings gibt es noch eine kleine Restunsicherheit: Aktuell gibt es einen Entwurf zum Jahressteuergesetz 2019, der ab 01.01.2020 in Kraft treten soll. Im ersten Schritt (Referentenentwurf) war vorgesehen, die bKV explizit aus den Sachbezügen herauszunehmen, um sie so – gesetzlich abgesichert – ab dem ersten Euro voll steuerpflichtig zu machen. Zur Überraschung aller Beteiligten ist diese Herausnahme aus den Sachbezügen im zweiten Schritt (Regierungsentwurf) wieder rückgängig gemacht worden. Der Rückenwind für die bKV gilt somit nur, wenn im weiteren Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz keine Änderungen vorgenommen werden.
Insoweit raten wir dazu, Arbeitgeber durchaus offensiv anzusprechen und auf die neue Entwicklung hinzuweisen – verbunden mit dem Hinweis, dass diese Restunsicherheit noch besteht.
Was heißt das für Sie: Die bKV ist zwar auch ohne Steuervorteile attraktiv, aber mit Inkrafttreten der neuen Regelungen wird der Abschluss einer bKV noch attraktiver.
Bei der praktischen Umsetzug gilt Folgendes zu beachten:
- der Arbeitgeber muss Versicherungsnehmer des Vertrages sein
- die Versicherung darf dem Mitarbeiter kein Geld ausbezahlen
- der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit seinen Versicherungsschutz auf Familienangehörigen auszuweiten
Wenn wir nun Ihr Interesse geweckt haben, oder noch Fragen offen sind, dann kontaktieren Sie uns noch heute.